Satisficing

Satisficing – die Strategie für Entscheidungsfreudigkeit im Business

»So viel wie nötig, so wenig wie möglich« ist ein Spruch, den Du vielleicht aus Deiner Schulzeit kennst und wahrscheinlich ist er Dir später genauso wie mir immer wieder begegnet.

Manager sind oft in der Lage auch unter Druck schneller zu entscheiden als andere. Ihr Alltag ist von ständigem Wandel und Schnelligkeit geprägt. Zögerliche Entscheidungen sind in diesem Umfeld mehr als nur ein kleiner Stolperstein – sie können den Unterschied zwischen Erfolg und Stagnation ausmachen.

Oft verhindert unsere Suche nach der perfekten Lösung schnelle und pragmatische Entscheidungen. Aber gibt es einen Ansatz, der es uns ermöglicht, effektive und zufriedenstellende Entscheidungen zu treffen, ohne nach Perfektion zu streben?

Diesen Ansatz gibt es: er wird als Satisficing bezeichnet.

Was ist Satisficing?

Das Konzept des Satisficing wurde in den 1950er Jahren von Herbert A. Simon, einem renommierten amerikanischen Politikwissenschaftler, Ökonomen, Soziologen, Psychologen und Nobelpreisträger, entwickelt. Simon stellte die Hypothese auf, dass Individuen und Organisationen in Entscheidungsprozessen oft nicht nach der optimalen, sondern nach einer zufriedenstellenden Lösung suchen, besonders wenn sie unter Zeitdruck stehen oder über begrenzte Informationen verfügen.

Der Begriff „Satisficing“ ist ein Neologismus, der aus den Worten „satisfy“ (zufriedenstellen) und „suffice“ (ausreichen) gebildet wurde. Die Bedeutung ist, dass es nicht immer nötig ist, die beste mögliche Option zu wählen, sondern eine, die gut genug ist, um die aktuellen Bedürfnisse zu erfüllen.

Simon argumentierte, dass diese Herangehensweise realistischer die Art und Weise widerspiegelt, wie Entscheidungen in der realen Welt getroffen werden.

Satisficing ist eng verbunden mit Simons Theorie der begrenzten Rationalität (bounded rationality), die besagt, dass Menschen, aufgrund ihrer begrenzten kognitiven Ressourcen und der unvollständigen Information der realen Welt, selten in der Lage sind, vollständig rationale Entscheidungen zu treffen. Stattdessen nutzen sie Heuristiken und Regeln, um zu akzeptablen, wenn auch möglicherweise nicht optimalen, Entscheidungen zu gelangen.

Satisficing im Alltag und in der Wirtschaft

Im Alltag begegnet uns das Satisficing häufig, wenn wir schnelle Entscheidungen treffen müssen, wie zum Beispiel beim Einkaufen unter Zeitdruck oder bei der Auswahl von Optionen, die gut genug sind, auch wenn sie nicht die besten verfügbaren sind.

In der Wirtschaft ermöglicht Satisficing es Managern und Unternehmen, unter Druck und in unsicheren Zeiten schnelle und effektive Entscheidungen zu treffen. Statt wertvolle Zeit und Ressourcen in der Suche nach der perfekten Lösung zu verschwenden, erlaubt diese Strategie die schnelle Implementierung von guten, wenn auch nicht perfekten Lösungen.

Praktische Beispiele von Satisficing

Kundendienst

Im Kundenservice begegnet uns das Konzept des Satisficing oft bei der Bearbeitung von Kundenbeschwerden. Angenommen, ein Produkt ist defekt und der Kunde erwartet eine schnelle Lösung. Anstatt eine komplexe Reparatur zu initiieren, die Tage oder Wochen dauern könnte, bietet der Kundendienst möglicherweise sofort einen Austausch an. Diese Lösung mag nicht die kosteneffizienteste sein, stellt aber den Kunden zufrieden und verhindert längere Unannehmlichkeiten.

Prüfungsvorbereitungen

Ein weiteres Beispiel ist das Verhalten von Studenten vor Prüfungen. Ein Student könnte beschließen, dass das bislang Gelernte ausreichend ist, um die Prüfung zu bestehen. Anstatt weitere Nächte durchzulernen und jeden Aspekt des Lehrstoffs zu perfektionieren, nutzt der Student die verbleibende Zeit, um sich auszuruhen oder andere Prüfungsfächer zu wiederholen. Diese Strategie verhindert Überarbeitung und potentielle Leistungseinbußen durch Erschöpfung.

Geschäftsentscheidungen

In der Geschäftswelt kann Satisficing beispielsweise in der Produktentwicklung beobachtet werden. Ein Unternehmen könnte entscheiden, ein Produkt mit einer guten, aber nicht perfekten Funktion auf den Markt zu bringen, um einen Wettbewerbsvorteil zu nutzen oder einen Markttrend schnell auszuschöpfen. Diese Entscheidung ermöglicht es dem Unternehmen, Markterfahrungen zu sammeln und das Produkt iterativ zu verbessern, anstatt zu versuchen, von Anfang an eine perfekte Version zu entwickeln.

Personalmanagement

Auch im Personalmanagement kann Satisficing eine Rolle spielen. Stellenbesetzungen unter Zeitdruck führen oft dazu, dass Personalverantwortliche Kandidaten einstellen, die die meisten, jedoch nicht alle idealen Qualifikationen erfüllen. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, dringend benötigte Rollen zu besetzen und Projekte fortzuführen, ohne auf den „perfekten“ Kandidaten zu warten, der möglicherweise lange auf sich warten lässt.

Alltägliche Entscheidungen

Satisficing tritt auch in alltäglichen Entscheidungen auf, wie beim Kauf von Haushaltsgeräten oder Autos. Anstatt stundenlang zu recherchieren und jedes Modell zu vergleichen, entscheiden sich viele Verbraucher für ein Produkt, das ihre Grundanforderungen erfüllt und sofort verfügbar ist. Diese Entscheidung spart Zeit und Energie und führt in der Regel zu einer zufriedenstellenden Lösung.

Softwareentwicklung

In der Softwareentwicklung wird oft ein „Minimum Viable Product“ (MVP) entwickelt, das grundlegende Funktionen bietet, um Kundenfeedback zu sammeln, bevor weitere Ressourcen in umfangreichere Features investiert werden. Diese Strategie ermöglicht es Unternehmen, schneller auf den Markt zu kommen und iterativ basierend auf echtem Benutzerfeedback zu verbessern.

Die Balance zwischen Perfektion und Satisficing

Indem man die Suche nach der perfekten Lösung aufgibt, kann man oft schneller voranschreiten und dabei zufriedenstellende Ergebnisse erzielen.

Im Business müssen Manager dabei die Balance zwischen Perfektion und Satisficing meistern. Während für kritische Geschäftsentscheidungen oft der bestmögliche Service oder die optimale Lösung erforderlich ist, können in weniger dringenden Fällen Satisficing-Entscheidungen strategisch sinnvoller sein. Diese ermöglichen es, Ressourcen effizient einzusetzen und trotzdem wirksame Ergebnisse zu erzielen.

Und auch im privaten können wir lernen, dass manchmal Satisficing Lösungen uns schneller voranbringen können.

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